Die drei grossen Thurgauer Wirtschaftsverbände sprechen sich mit Bezug auf das kantonale Budget 2022 für eine Senkung des Steuerfuss’ von bisher 117 auf neu 107 Prozent aus. Aufgrund des grossen Nettovermögens des Kantons, prall gefüllter Fonds und stetig hohen Erträgen macht es Sinn, so alle Thurgauer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zu entlasten.
Der Thurgauer Regierungsrat präsentiert für das Jahr 2022 ein ausgeglichenes Budget, was die Industrie- und Handelskammer (IHK) Thurgau, der Thurgauer Gewerbeverband (TGV) und der Verband Thurgauer Landwirtschaft (VTL) positiv werten. Dabei prognostiziert der Regierungsrat einen Aufwandüberschuss von 1.6 Mio. Franken und schlägt eine Steuerfusssenkung um 5% auf neue 112 Prozent vor. Dabei verweist er auf die sehr guten Rechnungsabschlüsse der vergangenen Jahre. Weiter plant er im kommenden Jahr Investitionen in der Höhe von 75,3 Mio. Franken. Es ist grundsätzlich erfreulich, dass der Kanton Thurgau finanziell äusserst gesund ist.
Steuererträge werden nicht sinken
Aus Sicht der drei Wirtschaftsverbände erlauben das sehr hohe Eigenkapital und Nettovermögen des Kantons sowie die – entgegen der Annahmen – konstant hohen Steuererträge eine Reduktion des Steuerfuss um 10% auf neue 107 Prozent, ohne dass dabei Abstriche bei den Dienstleistungen an der Thurgauer Bevölkerung in Kauf genommen werden müssen. Eine 1-prozentige Senkung des Steuerfuss’ entspricht dabei rund 6 Mio. Franken. Die Thurgauer Wirtschaft hat sich während der Corona-Pandemie mit sehr wenigen Ausnahmen als überaus solide erwiesen. So ist der konjunkturelle Aufschwung im ganzen Kanton bereits spürbar. Dazu werden die steigenden Boden- und Immobilienpreise weiterhin einen überdurchschnittlichen Beitrag zur Staatskasse leisten. Das Nettovermögen von über einer halben Milliarde Franken sowie die finanziell sehr gut ausgestatteten Rückstellungen für Covid-19-bezogene Aufwände, die NFA-Schwankungsreserve sowie für den Energiefonds oder den Fonds für Biodiversität geben dem Kanton in den kommenden Jahren eine sehr gute Grundlage, um den Wohn- und Wirtschaftsstandort Thurgau weiterzuentwickeln. Es macht keinen Sinn, diese prall gefüllte Konten noch weiter zu äufnen.
Mehr Flexibilität beim Steuerfuss
Von einer Senkung des Steuerfuss’ profitieren alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler im Thurgau direkt. Somit wird die gesamte Bevölkerung finanziell merkbar entlastet. Bei den von den Wirtschaftsverbänden geforderten 10 Prozent muss auch der Gürtel nicht enger geschnallt werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass die Anpassungsmöglichkeiten des Steuerfuss’ durchaus eine grössere Flexibilität erhalten dürfen. Wie eine Senkung per 2022 sinnvoll ist, kann zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund der kantonalen Finanzlage auch wieder eine Anhebung des Fusses angezeigt sein.
Verwaltung scheint unaufhaltsam zu wachsen
Kritisch beurteilten die drei Verbände die Zunahme der Staatsquote auf 10.3% sowie insbesondere den Stellenwachstum von 48.95 neuen Planstellen. Die Quote, welche das Verhältnis zwischen dem Geld, das der Kanton zur Erfüllung seiner Aufgaben ausgibt, und dem, was seine Bürgerinnen und Bürger erwirtschaften, also dem Bruttoinlandsprodukt, sollte idealerweise unter 10% liegen. Der Regierungsrat schreibt in seinen finanzpolitischen Legislaturzielen 2020 – 2024 von einer ausgeglichenen Staatsrechnung und abnehmender bzw. gleichbleibender Staatsquote. Eine Zunahme der Quote widerspricht diese Zielen und ist aktiv zu verhindern.
Obwohl ein Teil des Stellenwachstums mit Umsetzungsvorgaben des Grossen Rats begründet werden können, bleibt fraglich, warum die Verwaltung jährlich im mittleren zweistelligen Bereich wächst. Auch ein Stellenwachstum im Verhältnis zur zunehmenden Grösse der Thurgauer Bevölkerung, wie es seit Jahren beobachtet werden kann, ist nicht nachvollziehbar. Vielmehr sollten durch Skaleneffekte die gleichen Leistungen für eine grössere Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern erbracht werden können. Es ist notwendig, das Wachstum der Verwaltung konsequent zu bremsen oder gar zu plafonieren. Zudem darf in den kommenden Jahren erwartet werden, dass die Verwaltung durch die angestossenen Digitalisierungsbemühungen nicht nur bürgerfreundlicher wird, sondern auch weniger Stellen zur Erbringung der staatlichen Dienstleistungen benötigt werden.